Stellungnahme zur Eindämmungsverordnung

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Seit dem 2. November diesen Jahres gilt die neue Eindämmungsverordnung. Darin werden Angebote der Jugendarbeit nach §§ 11 und 12 SGB VIII für junge Menschen ab 14 Jahren untersagt. Der Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg möchte mit dieser Stellungnahme die Erfahrungen von

freien und kommunalen Trägern der Jugend(sozial)arbeit zur Verfügung stellen und konstruktiv an der Bewältigung der gemeinsamen Herausforderung mitwirken.

Verständnis für zusätzliche Eindämmungsmaßnahmen

Zuallererst betonen wir, dass die Träger der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit den Ernst der Lage verstehen und ihre Ressourcen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie partnerschaftlich einbringen möchten. Aus diesem Grund werden die Hygienekonzepte in den Angeboten und Einrichtungen regelmäßig angepasst und durch die Fachkräfte konsequent umgesetzt. Zusätzlich findet eine permanente Abwägung statt, welche Maßnahmen für die Zielerreichung unbedingt notwendig sind und welche Projekte bspw. durch digitale Formen ersetzt werden können.

Rückzug junger Menschen in unbegleitete Räume

Die Träger der Jugendarbeit/Jugendsozialarbeit haben in verschiedenen Kontexten zum Ausdruck gebracht, dass es ein grundsätzliches Verständnis für eine unterschiedliche Herangehensweise bei Kindern bis 13 und jungen Menschen ab 14 Jahren gibt. Sicherlich kann bei Jugendlichen von einer höheren Einsichtsfähigkeit ausgegangen werden, was die Notwendigkeit der zu ergreifenden Maßnahmen anbelangt. In der Praxis führt diese Trennung jedoch aus Sicht ebenjener junger Menschen zu einer erheblichen Ausgrenzung. Das Aufrechterhalten der Angebote für Kinder und ihre Familien und die zeitgleiche Verlagerung der personellen Ressourcen von Jugendarbeit an Schulen und in andere Leistungsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe erschwert den Fachkräften die Kontaktarbeit zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Es droht nicht nur ein Beziehungsverlust zur originären Zielgruppe, sondern – insbesondere im berlinnahen Raum – eine Verlagerung des jugendlichen Freizeitverhaltens in die Bundeshauptstadt Berlin, wo Jugendeinrichtungen weiterhin geöffnet sind.

Ebenjene jungen Menschen, die sich in der Lebensphase der Verselbstständigung befinden und darin zunehmend den Aufenthalt in der elterlichen Wohnung meiden, sind in Brandenburg gemäß § 16 SARS-CoV-2-EindV von pädagogisch – und damit auch hygienisch – begleiteten Einrichtungen ausgeschlossen. In der Folge berichten Mitarbeiter:innen, dass sich jugendliche Gruppen zunehmend in unkontrollierbare Räume zurückziehen. Wir müssen davon ausgehen, dass sich dieses Phänomen in der kalten Jahreszeit weiter verstärkt.

Vorschläge für weitere Landesverordnungen

Wir verstehen die Vorbehalte gegenüber einer grundsätzlichen Öffnung der Jugendarbeitsangebote. Es ist nachvollziehbar, dass Teile des gesellschaftlichen Lebens pandemiebedingt eingeschränkt werden müssen. Angebote der Jugendarbeit im Sinne des § 11 SGB VIII sind jedoch nicht nur Freizeit- und Erholungsmaßnahmen. Im Hinblick auf die notwendige Vermittlung der Eindämmungsmaßnahmen, die Erkennung jugendlicher Gefährdungssituationen sowie die Entwicklung kreativer Hilfsmaßnahmen ist Jugendarbeit als Partnerin in der Bewältigung dieser gesellschaftlichen Krise zu verstehen.

Aus diesem Grund möchten wir aufbauend auf den Erfahrungen unserer Mitglieder und der Fachkräfte der Jugendarbeit folgende Empfehlungen für die nächsten Verordnungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens aussprechen:

  1. Jugendarbeit sollte als Einrichtung und Angebot des SGB VIII und entsprechend des letzten Beschlusses der Ministerpräsidentenkonferenz grundsätzlich unter Einhaltung eines mit dem Gesundheitsamt abgestimmten Hygienekonzeptes ermöglicht werden.
  2. Die örtlichen Jugendhilfeträger sollten darüber hinaus in Kooperation mit den anerkannten freien Trägern der Jugendhilfe lokal erforderliche und nützliche Angebote diskutieren und beschließen. Entlang der konzeptionellen Grundlagen dieser Angebote und der Eindämmungsverordnung sind hier näher zu bestimmende Hygiene- und Schutzmaßnahmen festzulegen, die für die Umsetzung der Angebote erforderlich sind und dem Gesundheitsamt vorgelegt werden könnten. So könnten bspw. Teilnehmendenbeschränkungen entsprechend der räumlichen und personellen Kapazitäten umgesetzt werden, die hilfreicher sind als der grundsätzliche Ausschluss ganzer Personengruppen.

Die freien und kommunalen Träger der Jugendarbeit haben in den vergangenen Monaten zusammen mit den jungen Menschen verschiedene Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, um das Infektionsgeschehen in Jugendeinrichtungen (und anderen Formen der Jugendarbeit) nach Möglichkeit zu minimieren. Wir möchten daher dringend empfehlen, Jugendarbeit auf Grundlage kluger Hygienekonzepte und in enger Abstimmung mit den örtlichen Jugend- und Gesundheitsämtern in den kommenden Monaten wieder zu ermöglichen und jungen Menschen Alternativen zur heimischen Isolation zu bieten.

Als Fachverband unterstützen wir weiterhin unsere Mitglieder bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen und stellen deren Erfahrungen für interessierte Akteure aus Kommunal- und Landespolitik zur Verfügung.

Anhänge:

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