Stellungnahme zum Kinder- und Jugendgesetz

Stellungnahme des Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg e. V.

Bild: Scott Graham / Unsplash

Am 02.05.2023 hat das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg den aktuellen Arbeitsentwurf eines Brandenburgischen Kinder- und Jugendgesetzes (BbgKJG) veröffentlicht und Fach- und Interessenverbände um eine Stellungnahme gebeten.

Der Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg e. V. hat sich im Rahmen seiner verbandsinternen Strukturen mit dem Entwurf auseinandergesetzt und eine Stellungnahme erarbeitet. Darin werden die Bemühungen zur Stärkung der Rechte von jungen Menschen sowie die weit gefassten Ausführungen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe gewürdigt, aber auch umfangreiche Änderungen vorgeschlagen, die eine Angleichung an die Prinzipien des Achten Buches Sozialgesetzbuch sicherstellen sollen. Dazu gehören insbesondere die Definition von Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit sowie die Einbeziehung der freien Jugendhilfe in die Gestaltung der gesamten Kinder- und Jugendhilfe.

Was ist Jugendarbeit und was nicht

Die Ausführungen im Gesetzesentwurf zeigen, dass das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport ein anderes Verständnis von Jugendarbeit hat als die Mitgliederschaft im Fachverband und damit weite Teile der Brandenburger Fachpraxis.

Mit der Aufnahme von Sportvereinen, die über eine Jugendgliederung mit einer Jugendordnung verfügen, eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, den allgemeinen Breiten-, aber auch den Leistungs- und Wettkampfsport, so er von den Jugendgliederungen der Sportvereine verantwortet wird, als Jugendarbeit und damit als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe gemäß § 2 SGB VIII zu verstehen. In der Folge handele es sich um Leistungen, die die örtlichen Träger der Jugendhilfe zwingend als pflichtige Leistung im Rahmen ihrer Gesamt- und Planungsverantwortung zu berücksichtigen hätten. Das löst innerhalb des Fachverband große Irritationen aus und entspricht nicht der gelebten Praxis, in der die tatsächlich verbandlichen Angebote im Sinne des § 12 SGB VIII (z. B. durch die Untergliederungen der Brandenburgischen Sportjugend) vom reinen Wettbewerbssport unterschieden werden. Weitzmann und Schäfer formulieren dazu:

Zusätzlich stößt die verkürzte Definition innerhalb des § 82, wonach Jugendarbeit „alle außerschulischen Angebote der Freizeitgestaltung und -beschäftigungen für junge Menschen“ seien, auf großen Widerstand. Nicht nur, dass die für die Jugendarbeit prägenden Elemente wie Entwicklungsförderung, lebensweltliche Interessenorientierung, Partizipation und die Befähigung zur gesellschaftlichen Mitverantwortung außer Acht gelassen werden, die Formulierung eröffnet zudem, kommerzielle Angebote wie Discotheken, Freizeitparks und (Jugend-)Kinos als Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe zu verstehen.

Das entbehrt jedoch jeder fachlichen Grundlage und ist insbesondere in solchen Fällen höchst kontraproduktiv, in denen fachfremde Personen die Dienstaufsicht über sozialpädagogische Fachkräfte haben oder mittelbar im Rahmen von Zuwendungen fachfremde Erwartungen äußern. Die der Jugendarbeit eigenen Bildungsfunktion, auf die auch diverse Rechtskommentare verweisen (vgl. FK-SGB VIII/Weitzmann/Schäfer § 11 Rn 19 sowie Wiesner/Schön SGB VIII § 11 Rn 6), sollte daher dringend in dem Gesetzesentwurf ergänzt werden.

Freie Trägerschaft im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe

In beeindruckender Klarheit formuliert § 147 (2) S. 1, dass freie Träger der Jugendhilfe nicht im Auftrag der öffentlichen Jugendhilfe tätig werden, sondern eigenständige Aufgaben wahrnehmen. Diese eindeutige Haltung wird jedoch in weiten Teilen des Gesetzes vermisst, das insbesondere darum bemüht zu sein scheint, die Rechte bzw. Kompetenzen öffentlicher Träger und weiterer staatlicher Akteure zu stärken.

Dies wird unter anderem an der völligen Umstrukturierung des Landes- Kinder- und Jugendausschusses deutlich, der nach aktuellem Entwurf eine Mehrheit von staatlichen Akteuren einer deutlich reduzierten Anzahl an anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe gegenüberstellt und gleichzeitig auf die politische Meinungsbildung verzichtet. Die Tatsache, dass die Beteiligung junger Menschen in dem Ausschuss gestärkt werden soll, ist zweifelsfrei erfreulich, führt aber zu großer Verwunderung, wenn dadurch ausschließlich die Perspektiven und Gestaltungsspielräume freier Träger zurückgedrängt werden.

Ansprechperson

Fachverband Jugendarbeit / Jugendsozialarbeit Brandenburg e. V.
Sebastian Müller, Geschäftsführer
E: sebastian.mueller@fjb-online.de

Anhänge: